Donnerstag, 28. November 2019

Nachlese Instandhaltungsforum Schweiz

Am 21. November 2019 öffnete das Instandhaltungsforum Schweiz zum ersten Mal seine Tore in Zürich – moderiert von Herrn Prof. Lennart Brumby von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mannheim. Die Fokusthemen Smart Maintenance, Digitalisierung und Predictive Maintenance versprachen eine spannende Veranstaltung.

In seinem Eröffnungsvortrag zur Digitalisierung in der Instandhaltung berichtete Prof. Brumby von den Chancen, Risiken und Grenzen der Smart Maintenance. Unter anderem betonte er die Bedeutung des Asset Managements als organisatorische Grundlage einer modernen Instandhaltung.  Gleichzeitig wies er darauf hin, dass in der Smart Maintenance der Mensch eine wichtige Schlüsselrolle einnimmt. Wissens- und Kompetenzmanagement sowie eine systematische Qualifizierung der Mitarbeiter rücken daher zunehmend in den Vordergrund.

Anschliessend zeigte Dr. Dominik Buss vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik aus Dortmund verschiedene Möglichkeiten zur smarten Ersatzteilbevorratung auf. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings ein gutes Stammdatenmanagement, am besten in einem zentralen IT-System mit geeigneten Klassifikationssystemen. Künstliche Intelligenz kann zukünftig dabei helfen, auch die Stammdaten der Ersatzteile aufzuarbeiten und somit die gesamte Ersatzteilbevorratung zu optimieren.

Franz Stieber von der ifm electronic GmbH beschrieb den gewünschten schnellen Weg der wesentlichen Instandhaltungs-Informationen vom Shop Floor auf die Managementebene. Dabei sind nach seiner Meinung kleine Schritte wesentlich erfolgreicher als eine sogenannte „grosse Lösung“.

Auch betonte Herr Stieber die systematische Datenerfassung und –pflege als Fundament der Smart Maintenance. Zur Reduzierung der Implementierungskosten empfiehlt er die Beteiligung an der IO-Link-Community, die sich mit der Standardisierung der Sensorik beschäftigt.

Aus Anwendersicht legte Patrick Steiger von der SWL Energie AG aus Lenzburg die Implementierung der Instandhaltungsplattform Inventsys in seinem Unternehmen dar und zeigte sehr anschaulich auf, wie damit Daten und Informationen aus unterschiedlichen Bereichen
zusammengeführt und für den Anwender auf einen Blick dargestellt werden können. Die Mitarbeiter erfahren nach Aussage von Herrn Steiger dadurch eine Freude am digitalen Arbeiten und schätzen die hohe Transparenz in ihrem Instandhaltungsgeschehen.

Nach der Pause, in der sich die Teilnehmenden des Instandhaltungsforums intensiv untereinander austauschen konnten, zeigte Thomas Zapp von der GreenGate AG, wie eine Massnahmenpriorisierung in der Instandhaltung mit dem System von GreenGate erfolgen kann. Eine
solche Priorisierung kann dann wiederum die Grundlage für eine optimierte Einsatzplanung der Mitarbeiter inkl. Routenplanung sein. Das System von GreenGate wird derzeit insbesondere bei der Instandhaltung von Offshore-Windenergieanlagen eingesetzt, ist aber ebenso gut auch beim Flottenmanagement einsetzbar.

Dr. Andrew Paice von der Hochschule Luzern beschrieb anschliessend die Potenziale und Wege der Predictive Maintenance. An einem Beispiel erläuterte er die Lebenslaufabschätzung von Transformatoren mit Hilfe der Predictive Maintenance. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist allerdings das Wissen über die jeweiligen Alterungsvorgänge, um diese entsprechend modellieren zu können. Innovative Technologien zur Datenerfassung und -übertragung begünstigen derzeit die Entwicklung neuer Predictive Maintenance Lösungen.

Das Vortragsprogramm wurde von Andreas Rosemann von der GIS aus Weinheim abgerundet. Seine Kernbotschaft „Digitalisierungsprojekte: Alleine packt man es nicht!“ wurde von allen Teilnehmenden geteilt. Am Beispiel der Inspektion von Rotorblättern bei Windkraftanlagen mit Drohnen und künstlicher Intelligenz konnte Herr Rosemann
sehr eindrucksvoll auch den wirtschaftlichen Nutzen einer solchen smarten Instandhaltungslösung darlegen. Durch die Einbindung von Dienstleistern werden so innovative Leistungen geschaffen, die eine klare Differenzierung von Wettbewerbern ermöglichen.

Zusammenfassend wurde in der Round Table Diskussion mit Dr. Andrew Paice, Andreas Rosemann, Patrick Steiger und Thomas Zapp gemeinsam mit den Tagungsteilnehmenden der aktuelle Wandel in der Instandhaltung diskutiert. Hierbei wurden u.a. Fragen zum sinnvollen Einstieg in das Thema Digitalisierung/Instandhaltung 4.0 erörtert und was die grössten Barrieren dabei sind. In einer regen Diskussion konnten auch die Teilnehmenden ihre unterschiedlichen Erfahrungen mit der Digitalisierung in ihren Bereichen einbringen und mit den Referenten diskutieren.

Zum Ausklang des ersten Instandhaltungsforums Schweiz hatten die Teilnehmenden im Rahmen eines Apéro riche dann noch Gelegenheit, sich mit den Referenten weiter auszutauschen und wertvolle Kontakte für ihre eigenen Instandhaltungsprojekte zu knüpfen.

Diese Nachlese wurde vom Tagungsmoderator Prof. Lennart Brumby verfasst. Prof. Brumby hat den hochkarätigen Beiträgen und Diskussionsrunden einen optimalen Rahmen gegeben. Nicht zuletzt die produktiven Diskussionen und das ausgezeichnete Networking sowie die sehr gute Stimmung aller Teilnehmenden und Referenten rundeten den Erfolg der Tagung ab.

Das nächste Instandhaltungsforum findet am 26. November 2020 in Zürich statt. Informationen zu Agenda, Referenten und Anmeldung finden Sie unter www.instandhaltungsforum.ch.

Mittwoch, 20. November 2019

Nachlese Verteilnetzforum 2019

Am 13. November 2019 öffnete das Verteilnetzforum im Marriott Hotel in Zürich zum dritten Mal seine Tore. Mit gut 50 Teilnehmenden wurde erneut in offener und konstruktiver Atmosphäre über die aktuellen und künftigen Herausforderungen für Schweizer Verteilnetzbetreiber diskutiert. Die Schwerpunkte des diesjährigen Verteilnetzforums lagen bei der Strategie Stromnetze, dem Smart Meter Rollout, der Netzoptimierung mittels Flexibilitäten sowie dem Nutzen und Grenzen von Kooperationen für Verteilnetzbetreiber.

Dr. Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze, BFE, stellte die zentralen Vorgaben aus der Strategie Stromnetze sowie deren Umsetzungsstand aus Sicht des Bundes vor.  Er wies dabei auf die aktuellen Herausforderungen mit dem Mehrkostenfaktor 2.0 im Verteilnetz, auf die Anwendung des NoVA-Prinzips und auf die Mehrjahresplanung hin. Zudem stellte er die Ergebnisse des Monitorings zur Energiestrategie 2050 vor. Dieses wurde über das bisherige Monitoring zur Netzentwicklung erweitert und umfasst neu auch Indikatoren zur Entwicklung in Richtung «Smart Grid». Gemäss der neusten Erhebung des BFE sind beispielsweise 14% aller installierten Messgeräte Smart Meter, wobei 86 Netzbetreiber in der Schweiz die Rolloutquote von 80% bereits erfüllt haben. Während die Beschaffungskosten der konventionellen Messgeräte mit durchschnittlich CHF 170 beziffert wurden, betragen diese Kosten beim Smart Meter durchschnittlich CHF 199. Beim Eigenverbrauch wurde eine durchschnittliche Eigenverbrauchsquote von 36% ermittelt. Inwiefern diese erhobenen Daten bereits valide sind, wird das BFE in den kommenden Monaten prüfen müssen. In Bezug auf die Zukunft der Verteilnetze wies Benahmed auf die Mehrbelastung der Netze durch den massiven Ausbau der dezentralen erneuerbaren Energien sowie durch die stärkere Elektrifizierung infolge der Dekarbonisierung hin. Diese beiden Megatrends bedingen aus seiner Sicht intelligente Lösungen, für welche die Branche gefordert ist.

Adrian Häsler, Head of Grid Infrastructure bei der Swissgrid AG,
 stellte die Umsetzung der Strategie Stromnetze aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiberin dar. Dabei wurde deutlich, dass die Realisierung des strategischen Netzes 2025 aufgrund zahlreicher Einsprachen und trotz den Vereinfachungen aus der Strategie Stromnetz (noch) nicht auf Kurs ist. Während vier Teilprojekte aktuell effektiv im Bau sind, ist insbesondere das Projekt Bassecourt – Mühleberg aktuell vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig. Drei weitere Projekte, darunter auch die Leitung Chippis – Mörel, befinden sich aktuell im Plangenehmigungsverfahren. Mit den Massnahmen aus der Strategie Stromnetze erhofft sich Häsler konkrete Verfahrensbeschleunigungen sowie klare Vorgaben durch die Szenarioplanung des Bundes, welche der Bundesrat im 2021 verabschieden sollte. Letzteres stellt dann die Grundlage für das «Strategische Netz 203x» dar, zu dessen Ausarbeitung die Vorbereitungsarbeiten bereits gestartet sind. Trotz aller Massnahmen, werden diese Projekte nur mit einer gesellschaftlichen Akzeptanz vernünftig realisiert werden können. Dies setzt eine offene und transparente Kommunikation sowie die Ansprache der Hauptprobleme Gesundheitsrisiken, Landschaftseingriff und Lärm voraus.

Markus Bill, Fachspezialist Sektion Preise und Tarife des Fachsekretariats der ElCom, präsentierte in seinem Referat die Sicht des Fachsekretariats der ElCom in Bezug auf den Umgang mit Messkosten. Dabei stellte er klar, dass die Kosten aus Lastgangmessungen mit Fernauslesung seit dem 1. Juni 2019 nicht mehr separat verrechnet werden dürfen, allfällige Abrechnungen zurückerstattet bzw. die fehlende Kostendeckung über die Deckungsdifferenzen 2019 wieder ausgeglichen werden müssen. Weiter verwies Bill auf die Beurteilung der ElCom in Bezug auf Eigenverbrauchsgemeinschaften. Das «vereinfachte Praxismodell» beurteilt die Behörde dabei in der bisherigen Form nicht als zulässig, da der Mieter nicht zugestimmt hat und die Abrechnung nicht korrekt erfolgte. Inwiefern sich mit diesen Korrekturen dann ein solches Praxismodell noch sinnvoll realisieren lässt, blieb dabei offen. Letztlich hat Bill im Kontext des Smart Meter Rollouts festgehalten, dass in der neuen Kostenrechnungsposition 510 sämtliche Kosten von Smart Metern, auch jene welche gemäss den Übergangsbestimmungen bereits installiert wurden und noch nicht vollständig konform mit Art. 8a und 8b StromVV sind, deklariert werden sollen.
 
André Rast, Programmleiter Smart Meter Rollout der CKW AG, stellte den Anwesenden die Rollout-Strategie und die Smart Metering Lösung von CKW vor. Ziel der CKW ist es den Rollout vor 2024 im Kontext der erwarteten Marktöffnung abgeschlossen zu haben. Dabei hat sich das Unternehmen für die RF-Mesh als Basis- und NB-IOT als Ergänzungstechnologie entschieden. Die Ausschreibungen der Dienstleister und der Systeme sind aktuell am Laufen und sollen bis Ende Jahr abgeschlossen werden. Der Rollout der 170'000 Zähler soll im Q3 2020 starten, wobei pro Woche mit einem Rollout von rund 1'000 Zählern gerechnet wird. Während die Logistik und die Zählermontage ausgelagert werden, erfolgt die Installation der Kommunikationslösungen sowie die systemseitigen Integrationsarbeiten durch die Spezialisten der CKW selbst. Aus Sicht von Rast tun die Verteilnetzbetreiber gut daran, das Rollout-Projekt in Bezug auf die Definition der «richtigen» Strategie, die Logistik, die Anforderungen an die Organisation sowie bezüglich des Zeitbedarfs nicht zu unterschätzen.



Im anschliessenden World-Café hatten die Anwesenden Gelegenheit mit allen vier obenstehenden Referenten, im Fall der ElCom noch zusätzlich mit Dr. Barbara Wyss, Leiterin Sektion Preise und Tarife, die Themen ihrer Referate zu vertiefen und zu erweitern. Es entstanden angeregte Frage- und Antwortrunden, Diskussionen und ein guter Erfahrungsaustausch zu entsprechenden Umsetzungsfragen. Alle Anwesenden haben diese Chance für einen informellen Austausch aktiv genutzt.


Dr. Marina González Vayá
, Leiterin Entwicklung Smart Solutions der EKZ, zeigte den Einsatz und die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern im Verteilnetz am Beispiel der beiden EKZ Grossspeicher in Dietikon und Volketswil. Dabei wurde der Batteriespeicher in Dietikon als erstes Nicht-Wasserkraftwerk in der Schweiz für Primärregelung von Swissgrid präqualifiziert. Während die Erlöse am Regelenergiemarkt aufgrund von Angebot und Nachfrage
in Europa tendenziell sinken, werden die Batterien im Verteilnetz erfolgreich für das Lastspitzenmanagement und zur Reduktion von Blindleistung eingesetzt. Die Wirtschaftlichkeit des Speichers wird dadurch ermöglicht, so González,dass dessen Einsatz für alle Anwendungsfälle optimiert wird. Ohne Kombination aus Anwendungen ist die Wirtschaftlichkeit bei Projekten < 10 MW heute in der Regel nicht gegeben. Generell hängt die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern von mehreren Rahmenbedingungen, deren Dimensionierung und deren Optimierung ab.

Yves Wyman, Head Operations Digital Energy Solutions Switzerland der Alpiq Digital AG, präsentierte aktuelle Ergebnisse aus dem D-A-CH Projekt «Poweralliance». Mittels der Einführung und dem Angebot (bzw. der differenzierten Bepreisung) von bedingten und unbedingten Kapazitäten
beim Endkunden, soll eine Kapazitätsverdopplung durch Fahrplanmanagement realisiert werden können. Ein entsprechender Tarif soll Anreize beim Kunden schaffen, so dass dieser bereit ist bedingte Lasten zu buchen (Leistungsband), welche der Netzbetreiber im Falle eines Netzengpasses sperren und damit zeitlich verschieben kann. Voraussetzung für ein solches System ist ein regulatorischer Rahmen, der ein solches Pricing ermöglicht, ein automatisiertes Energiemanagement beim Kunden sowie ein Monitoring seitens VNB, damit kein aktiver Eingriff notwendig wird.

Frank Boller, Verwaltungsratspräsident der e-sy AG, stellte mit e-sy die junge Kooperationsgesellschaft von Verteilnetzbetreiber im Aargau vor. Diese umfasst aktuell 22 Verteilnetzbetreiber als Aktionäre mit gemeinsam rund 200'000 Messpunkten. Ziele von e-sy sind insbesondere die Bündelung von ICT Kompetenzen und Ressourcen sowie das Erzielen finanzieller Skaleneffekte beim Smart Metering. Diese Ziele können gemäss Boller bei derart vielen Partnern nur über einen Bezugszwang, eine hohe Standardisierung und eine klare Abgrenzung der Wertschöpfung von e-sy und derjenigen der einzelnen Partner erreicht werden. Während die
Mitarbeit aller Partner in Form von Arbeitsgruppen ausdrücklich gewünscht sei, ist die Mitsprache und Governance klar geregelt. Dieses Modell scheint aus Sicht der Verteilnetzbetreiber attraktiv zu sein, so laufen aktuell Verhandlungen mit weiteren 13 – 15 Partnern für deren Aufnahme und die Ausweitung der Kooperation auf bis zu 500'000 Messpunkte. Die eigentliche Ausschreibung der Smart Meter soll nach Abschluss der laufenden Präqualifikation ab Januar 2020 erfolgen.

Adrian Inauen, Mitglied der Geschäftsleitung der SN Energie AG, illustrierte am Beispiel des Projekts «Zielnetz Bodensee», wie eine erfolgreiche vertragliche Kooperation unter Verteilnetzbetreiber funktionieren kann. In diesem Projekt haben sich SAK, EKT, sgsw, Axpo und SN Energie auf eine gemeinsame Zielnetzplanung im Raum Bodensee geeinigt und dabei u.a. vereinbart die bestehenden 7 Unterwerke mit teilweise sehr tiefer Auslastung bis 2032 auf noch 4
Unterwerke zu reduzieren. Voraussetzungen dafür waren neben der technischen Machbarkeit auch kommerzielle und juristische Lösungen, ein klarer Wille aller Parteien eine einvernehmliche Lösung zu finden und letztlich positive Entscheide aller involvierten Gremien. Aus Sicht von Inauen, ist das «Zielnetz Bodensee» ein Beispiel, wie eine Kooperationslösung auf vertraglicher Ebene ohne Verlust von Eigentumsrechten realisierbar ist. Ein «Zusammenschluss» der betroffenen Netzteile wäre demgegenüber nicht umsetzbar gewesen.

In der abschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Dr. Mohamed Benahmed, Frank Boller, Adrian Inauen und Felix Vontobel, Strategische Projekte und Mandate, Repower AG, wann, wo, wie Kooperationen für Netzbetreiber Sinn machen.


Die Diskussion zeigte schnell, dass Kooperationen für Netzbetreiber schon heute Sinn machen, auch wenn die finanziellen Anreize infolge der heutigen Regulierung (noch) fehlen. Einerseits steht die Kosteneffizienz, nicht zuletzt auch im Kontext der Sunshine-Regulierung und dem «Damoklesschwert» einer späteren Anreizregulierung, mehr als früher auf der Agenda der Unternehmen. Die Teilnehmer waren sich einig, dass diejenigen Netzbetreiber, welche zulange mit sich selbst beschäftigt sind und keine Kooperationslösungen suchen, rasch ins Hintertreffen geraten und dann nicht mehr genügend schnell reagieren können. Gerade das Beispiel «Zielnetz Bodensee» zeigt dabei schön, wie lange Zyklen für die Realisierung nachhaltiger Effizienzsteigerungen notwendig sein können. Unabhängig von den Motiven und den technischen, juristischen und finanziellen Lösungen braucht es aber, darin war man sich ebenfalls einig, Personen mit Visionen, welche den Mut haben diese aktiv anzugehen. Ob dies bei kleineren oder grösseren Netzbetreibern der Fall ist, spielt dabei aus Sicht der Teilnehmer keine grosse Rolle. Eine kritische Grösse gibt es per se nicht, dies hängt viel eher vom Geschäftsmodell ab. Insofern kann ein kleiner, effizienter Netzbetreiber genauso bestehen bleiben, wie grosse, integrierte Lösungsanbieter. Um Kooperationen, in welcher Art auch immer, kommt kein Akteur herum. Diejenigen Bereiche, wo Kooperationen am meisten Sinn machen, sind aus Sicht des Podiums jene, welche im Wettbewerb stehen oder hohe Anforderungen im Kontext der Digitalisierung mit sich bringen. Zum Schluss der Diskussion durften sich alle Teilnehmenden etwas für ihre jeweiligen Kooperationen wünschen. Während sich die Branchenvertreter vor allem eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die entsprechend hohe Zielerreichung wünschten, wünschte sich Mohamed Benahmed aus Sicht des Bundes vor allem mehr Bereitschaft für innovative Lösungen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips. Löst die Branche gewisse Themen nicht selbst und wartet zulange, so wird der Bund die Regulierungsdichte weiter erhöhen müssen. Insofern solle die Branche mit konkreten Lösungen vorangehen.

Diese Nachlese wurde vom Tagungsmoderator Dr. Markus Flatt, Partner, EVU Partners AG verfasst. Markus Flatt hat den hochkarätigen Beiträgen und Diskussionsrunden einen optimalen Rahmen gegeben. Nicht zuletzt die produktiven Diskussionen und das ausgezeichnete Networking sowie die sehr gute Stimmung aller Teilnehmenden und Referenten rundeten den Erfolg der Tagung ab.

Das nächste Verteilnetzforum findet am 18. November 2020 in Zürich statt. Informationen zu Agenda, Referenten und Anmeldung finden Sie unter www.verteilnetzforum.ch.

Montag, 18. November 2019

Netzbetreiber sollen Elektrifizierung nicht unterschätzen

Die Schweizer Netzbetreiber sollten sich mit einem möglichen Engpass auseinandersetzen. Dies sagte Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze beim Bundesamt für Energie (BFE), bei einer Podiumsdiskussion während des Verteilnetzforums in Zürich. "Die Politik sieht: Die Dekarbonisierung wird zu einer verstärkten Elektrifizierung führen", so Benahmed. "Mehr Elektrifizierung heisst mehr Strom auf unseren Netzen. Das heisst, wir werden langsam an die Grenze der Netze kommen." Elektromobilität und Photovoltaikanlagen seien die Haupttreiber für die Netzplanung, aber man führe noch keinen Engpass. "Wenn man die Dekarbonisierung und das CO2-Gesetz berücksichtigt, könnte dieser Engpass schneller kommen, als wir uns denken", so Benahmed. "Ich glaube, das müsste man mitnehmen." Benahmed sagte auch, er habe am Verteilnetzforum das Gefühl bekommen, dass die Netze komfortabel ausgebaut seien. "Das bedeutet, es gibt keinen Anreiz in Richtung Zusammenarbeit respektive der gemeinsamen Entwicklung von Ideen."

Zuvor hatten sich die drei Branchenvertreter, die ebenfalls an der Diskussion teilnahmen, skeptisch gezeigt, was Kooperationen mit anderen Netzbetreibern anbelangt. "Aufgrund der Eigenschaften der Netze ist eine Fusion sehr schwierig", sagte etwa Adrian Inauen, Mitglied der Geschäftsleitung der SN Energie AG. "Ich kann mir vorstellen, dass auf Vertriebsseite Fusionen eher möglich sind. Aber der Schweizer gibt einfach nicht gerne Eigentum ab." Ähnlich äusserte sich Felix Vontobel, Strategische Projekte und Mandate bei der Repower AG. "Die Netze sind schon sehr speziell", sagte er. "Häufig sind sie auch Instrumente der persönlichen Profilierung. Deshalb sind diese Diskussionen sehr schwierig. In der Produktion, wo ein Stück weit Markt herrscht, sind Kooperationen deutlich einfacher." Und Frank Boller, Präsident des Verwaltungsrates der E-sy AG, stellte fest: "Weitergehende Kooperationen sind in diesem Markt immer noch schwierig, speziell wenn es um die Infrastruktur geht. Ich erwarte nicht, dass es zu grossen Veränderungen kommen wird." Kooperationspotenzial gebe es womöglich dann, wenn der Leidensdruck gross sei oder in Bereichen, in denen mehr Wettbewerb bestehe, zum Beispiel auf der Serviceebene.
 
Netze sollen intelligenter werden

Vontobel erwähnte in diesem Zusammenhang die Produktion. Dort herrsche ein Stück weit Markt, und Kooperationen seien deutlich einfacher. Und Inauen sieht Potenzial in horizontalen Kooperationen: "Dort, wo es um Redundanz geht. Da scheint mir noch einiges möglich zu sein."

Inwieweit Netzbetreiber kooperieren sollen, dazu wollte sich Benahmed nicht äussern. Der Bund sei für die Rahmenbedingungen zuständig, nicht für die Struktur der Branche. Allerdings äusserte Benahmed einen Wunsch, was die Ausgestaltung der Netze angeht: "Wir wünschen uns, dass intelligente Komponenten im Netz integriert werden, obwohl das schwierig ist, und dass das subsidiär geschieht", sagte er. "Sonst besteht die Gefahr, dass die Politik eingreift und zusätzliche Regulierungen bringt, um damit die Intelligenz in den Netzen zu forcieren. Das will die Branche ganz sicher nicht."



(Michel Sutter, Redakteur, energate)

Verteilnetzforum: Fehlende Akzeptanz und lange Verfahren sind eine Herausforderung

Am diesjährigen Verteilnetzforum in Zürich waren neben der Strategie für künftige Stromnetze und der Netzoptimierung auch die Verzögerungen beim Netzausbau ein grosses Thema. So legte Adrian Häsler, Head of Grid Infrastructure bei Swissgrid, dar, dass der Bau vieler neuer Leitungen von Einsprachen gebremst werde. Diese, so Häsler, könnten Bauprojekte auch kurz vor deren geplanten Umsetzung noch verzögern. Entscheiden müsse in solchen Fällen nicht selten das Bundesverwaltungsgericht. Manche Einsprachen würden auch bis ans Bundesgericht weitergezogen, was dann eine jahrelange Wartezeit mit sich bringe. "Es gibt immer jemanden, der den Netzausbau nicht toll findet", sagte Häsler.

Als einen der Hauptgründe für die Opposition gegen neue Leitungen nannte er Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf die Gesundheit, aber auch auf die Natur. "Fehlende Akzeptanz und lange Verfahren sind für uns definitiv eine grosse Herausforderung", so Häsler. Zudem würden viele Meinungen unabhängig vom individuellen Projekt gefällt. Deshalb sei es wichtig, den Dialog mit allen Beteiligten schon zu suchen, bevor man ein konkretes Projekt in die Wege leite. "Eine offene und transparente Kommunikation ist zentral", so Häslers Schlussfolgerung. Man müsse dabei die wirtschaftlichste Lösung finden und gleichzeitig die Anliegen in Bezug auf die Umwelt berücksichtigen. Klar sei, dass Infrastrukturprojekte Zeit bräuchten.
 
Engpässe bei Übertragungsnetzen

Bis zum Jahr 2025 will Swissgrid rund 2,5 Mrd. Franken in den Netzausbau investieren. Die Gründe für den Ausbau sind nach Angaben der Übertragungsnetzbetreiberin unter anderem die Inbetriebnahme neuer Grosskraftwerke, aber auch die Versorgung nachgelagerter Netze und der internationale Verbund. Handlungsbedarf besteht laut Häsler vor allem in einigen Regionen, wo es  bereits jetzt Engpässe im Übertragungsnetz gebe. Dazu zählt unter anderem das Unterwallis.










 
 
 


Der Meinung, dass man bezüglich neuer Projekte offen und transparent kommunizieren sollte, stimmte auch André Rast zu. Der Programmleiter Smart-Meter-Rollout bei der CKW wickelt den Austausch von rund 170.000 Zählern in den nächsten Jahren ab. Diese werden allesamt durch Smart Meter ersetzt, von denen heute rund 15.000 in Betrieb seien. Das Ziel sei, den Smart-Meter-Rollout bis 2024 abzuschliessen. Pro Woche, so Rast, würden rund 1.000 Zähler ersetzt. Umso wichtiger sei die Einbeziehung der Kunden in das Vorhaben, die neuen Zähler zu installieren. "Wir schreiben unsere Kunden an und informieren sie, dass sie einen Smart Meter mit Funktechnologie bekommen werden", sagte er. Bisher habe es kaum Opposition gegen die neuen Zähler gegeben.

(Michel Sutter, Redakteur, energate)