
Adrian Häsler, Head of Grid Infrastructure bei der Swissgrid AG,



Im anschliessenden World-Café hatten die Anwesenden Gelegenheit mit allen vier obenstehenden Referenten, im Fall der ElCom noch zusätzlich mit Dr. Barbara Wyss, Leiterin Sektion Preise und Tarife, die Themen ihrer Referate zu vertiefen und zu erweitern. Es entstanden angeregte Frage- und Antwortrunden, Diskussionen und ein guter Erfahrungsaustausch zu entsprechenden Umsetzungsfragen. Alle Anwesenden haben diese Chance für einen informellen Austausch aktiv genutzt.
Dr. Marina González Vayá, Leiterin Entwicklung Smart Solutions der EKZ, zeigte den Einsatz und die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern im Verteilnetz am Beispiel der beiden EKZ Grossspeicher in Dietikon und Volketswil. Dabei wurde der Batteriespeicher in Dietikon als erstes Nicht-Wasserkraftwerk in der Schweiz für Primärregelung von Swissgrid präqualifiziert. Während die Erlöse am Regelenergiemarkt aufgrund von Angebot und Nachfrage
in Europa tendenziell sinken, werden die Batterien im Verteilnetz erfolgreich für das Lastspitzenmanagement und zur Reduktion von Blindleistung eingesetzt. Die Wirtschaftlichkeit des Speichers wird dadurch ermöglicht, so González,dass dessen Einsatz für alle Anwendungsfälle optimiert wird. Ohne Kombination aus Anwendungen ist die Wirtschaftlichkeit bei Projekten < 10 MW heute in der Regel nicht gegeben. Generell hängt die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern von mehreren Rahmenbedingungen, deren Dimensionierung und deren Optimierung ab.
Yves Wyman, Head Operations Digital Energy Solutions Switzerland der Alpiq Digital AG, präsentierte aktuelle Ergebnisse aus dem D-A-CH Projekt «Poweralliance». Mittels der Einführung und dem Angebot (bzw. der differenzierten Bepreisung) von bedingten und unbedingten Kapazitäten
beim Endkunden, soll eine Kapazitätsverdopplung durch Fahrplanmanagement realisiert werden können. Ein entsprechender Tarif soll Anreize beim Kunden schaffen, so dass dieser bereit ist bedingte Lasten zu buchen (Leistungsband), welche der Netzbetreiber im Falle eines Netzengpasses sperren und damit zeitlich verschieben kann. Voraussetzung für ein solches System ist ein regulatorischer Rahmen, der ein solches Pricing ermöglicht, ein automatisiertes Energiemanagement beim Kunden sowie ein Monitoring seitens VNB, damit kein aktiver Eingriff notwendig wird.
Frank Boller, Verwaltungsratspräsident der e-sy AG, stellte mit e-sy die junge Kooperationsgesellschaft von Verteilnetzbetreiber im Aargau vor. Diese umfasst aktuell 22 Verteilnetzbetreiber als Aktionäre mit gemeinsam rund 200'000 Messpunkten. Ziele von e-sy sind insbesondere die Bündelung von ICT Kompetenzen und Ressourcen sowie das Erzielen finanzieller Skaleneffekte beim Smart Metering. Diese Ziele können gemäss Boller bei derart vielen Partnern nur über einen Bezugszwang, eine hohe Standardisierung und eine klare Abgrenzung der Wertschöpfung von e-sy und derjenigen der einzelnen Partner erreicht werden. Während die
Mitarbeit aller Partner in Form von Arbeitsgruppen ausdrücklich gewünscht sei, ist die Mitsprache und Governance klar geregelt. Dieses Modell scheint aus Sicht der Verteilnetzbetreiber attraktiv zu sein, so laufen aktuell Verhandlungen mit weiteren 13 – 15 Partnern für deren Aufnahme und die Ausweitung der Kooperation auf bis zu 500'000 Messpunkte. Die eigentliche Ausschreibung der Smart Meter soll nach Abschluss der laufenden Präqualifikation ab Januar 2020 erfolgen.
Adrian Inauen, Mitglied der Geschäftsleitung der SN Energie AG, illustrierte am Beispiel des Projekts «Zielnetz Bodensee», wie eine erfolgreiche vertragliche Kooperation unter Verteilnetzbetreiber funktionieren kann. In diesem Projekt haben sich SAK, EKT, sgsw, Axpo und SN Energie auf eine gemeinsame Zielnetzplanung im Raum Bodensee geeinigt und dabei u.a. vereinbart die bestehenden 7 Unterwerke mit teilweise sehr tiefer Auslastung bis 2032 auf noch 4
Unterwerke zu reduzieren. Voraussetzungen dafür waren neben der technischen Machbarkeit auch kommerzielle und juristische Lösungen, ein klarer Wille aller Parteien eine einvernehmliche Lösung zu finden und letztlich positive Entscheide aller involvierten Gremien. Aus Sicht von Inauen, ist das «Zielnetz Bodensee» ein Beispiel, wie eine Kooperationslösung auf vertraglicher Ebene ohne Verlust von Eigentumsrechten realisierbar ist. Ein «Zusammenschluss» der betroffenen Netzteile wäre demgegenüber nicht umsetzbar gewesen.
In der abschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Dr. Mohamed Benahmed, Frank Boller, Adrian Inauen und Felix Vontobel, Strategische Projekte und Mandate, Repower AG, wann, wo, wie Kooperationen für Netzbetreiber Sinn machen.
Die Diskussion zeigte schnell, dass Kooperationen für Netzbetreiber schon heute Sinn machen, auch wenn die finanziellen Anreize infolge der heutigen Regulierung (noch) fehlen. Einerseits steht die Kosteneffizienz, nicht zuletzt auch im Kontext der Sunshine-Regulierung und dem «Damoklesschwert» einer späteren Anreizregulierung, mehr als früher auf der Agenda der Unternehmen. Die Teilnehmer waren sich einig, dass diejenigen Netzbetreiber, welche zulange mit sich selbst beschäftigt sind und keine Kooperationslösungen suchen, rasch ins Hintertreffen geraten und dann nicht mehr genügend schnell reagieren können. Gerade das Beispiel «Zielnetz Bodensee» zeigt dabei schön, wie lange Zyklen für die Realisierung nachhaltiger Effizienzsteigerungen notwendig sein können. Unabhängig von den Motiven und den technischen, juristischen und finanziellen Lösungen braucht es aber, darin war man sich ebenfalls einig, Personen mit Visionen, welche den Mut haben diese aktiv anzugehen. Ob dies bei kleineren oder grösseren Netzbetreibern der Fall ist, spielt dabei aus Sicht der Teilnehmer keine grosse Rolle. Eine kritische Grösse gibt es per se nicht, dies hängt viel eher vom Geschäftsmodell ab. Insofern kann ein kleiner, effizienter Netzbetreiber genauso bestehen bleiben, wie grosse, integrierte Lösungsanbieter. Um Kooperationen, in welcher Art auch immer, kommt kein Akteur herum. Diejenigen Bereiche, wo Kooperationen am meisten Sinn machen, sind aus Sicht des Podiums jene, welche im Wettbewerb stehen oder hohe Anforderungen im Kontext der Digitalisierung mit sich bringen. Zum Schluss der Diskussion durften sich alle Teilnehmenden etwas für ihre jeweiligen Kooperationen wünschen. Während sich die Branchenvertreter vor allem eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die entsprechend hohe Zielerreichung wünschten, wünschte sich Mohamed Benahmed aus Sicht des Bundes vor allem mehr Bereitschaft für innovative Lösungen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips. Löst die Branche gewisse Themen nicht selbst und wartet zulange, so wird der Bund die Regulierungsdichte weiter erhöhen müssen. Insofern solle die Branche mit konkreten Lösungen vorangehen.
Diese Nachlese wurde vom Tagungsmoderator Dr. Markus Flatt, Partner, EVU Partners AG verfasst. Markus Flatt hat den hochkarätigen Beiträgen und Diskussionsrunden einen optimalen Rahmen gegeben. Nicht zuletzt die produktiven Diskussionen und das ausgezeichnete Networking sowie die sehr gute Stimmung aller Teilnehmenden und Referenten rundeten den Erfolg der Tagung ab.
Das nächste Verteilnetzforum findet am 18. November 2020 in Zürich statt. Informationen zu Agenda, Referenten und Anmeldung finden Sie unter www.verteilnetzforum.ch.
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