Luzern (energate) - Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) verteidigt den Schwellenwert von 60 Franken, der künftig für Netzbetreiber gelten soll, wenn sie ihre Verwaltungs- und Vertriebskosten in der Grundversorgung in Rechnung stellen. 60 Franken reichten pro Rechnungsempfänger für die Kosten im Vertrieb plus Marge aus, so Barbara Wyss, Leiterin Sektion Preise und Tarife bei der Elcom, im Rahmen des Verteilnetzforums in Luzern.
Zu diesem Schluss ist die Elcom gemäss Wyss bei ihrer Routineprüfung des Schwellenwerts gekommen, die die Behörde alle zwei bis drei Jahredurchführt. Dabei überprüft sie, ob die geltenden Schwellenwerte noch zu angemessenen Tarifen im Sinne der Stromversorgungsgesetzgebung führen.
Gewinn hat gemäss Elcom zugenommen
Bei der aktuellen Analyse stützt sich die Behörde auf Daten aus dem Geschäftsjahr 2020. Damals war der Schwellenwert bereitsvon 95 auf 75 Franken und der maximal zulässige Wert von 150 auf 120 Franken pro Rechnungsempfänger und Jahr gesenkt worden (energate berichtete https://www.energate-messenger.ch/news/184982/75-franken-regel-elcom-will-verbraucher-schuetzen). Die neue Analyse der Elcom hat laut der Behörde aufgezeigt, dass die damalige Senkung des Schwellenwertes zwar zu tieferen Gewinnen geführt hat. Verglichen mit der ersten Analyse, die auf Daten aus dem Geschäftsjahr 2011 basierte, habe der ein tarifierte Gewinn im Jahr 2020 jedoch deutlich zugenommen, so die Behörde. Der Gewinn komme trotz der Senkung um einen Drittel höher zu liegen.
Am Verteilnetzforum sagte Wyss ferner, das Problem sei, dass die volle Marktöffnung noch nicht umgesetzt worden sei. Daher sei das Gesetz im Bereich Energie auch noch nicht so detailliert ausgestaltet. Bei der Tarifierung in der Energie und im Vertrieb stelle sich die Frage, wie das Risiko entschädigt werden solle. Die Elcom arbeite im Sinne einer Übergangsregelung mit den wirklich angefallenen Kosten. Dabei werde sichergestellt, dass in der Grundversorgung keine beliebige Marge erhoben werden könne. An die Netzbetreiber gerichtet sagte sie, diese seien frei, die 60-Franken-Regel schon ab diesem Jahr einzusetzen.
Staub: Absolute Schmerzgrenze erreicht
Für Cornelia Staub, Head Corporate Regulatory Management bei Axpo, ist mit der 60-Franken-Regel jedoch eine "absolute" Schmerzgrenze erreicht. Sie verwies dabei auf den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), der sich ebenfalls kritisch geäussert hatte (energate berichtete https://www.energate-messenger.ch/news/223497/vse-kritisiert-die-elcom-wegenschwellenwertsenkung). "Viele Mitglieder des VSE sind der Überzeugung, dass sie 60 Franken nicht einmal kostendeckend Drittengeben könnten", sagte Staub am Verteilnetzforum. Sie warf der Elcom zudem vor, eine Kehrtwende gemacht zu haben. Die Marge in diesem Bereich sei etwas, worüber man lange diskutiert habe. Es sei auch von prozentualen Aufschlägen die Rede gewesen. Stattdessen betrachte die Elcom diese Marge als Fremdkörper. "Dass sie nun auf die Verzinsung des notwendigen Vermögens reduziert wird, wird definitiv nicht begrüsst", so Staub.
Der Schwellenwert von 60 Franken soll ab 2024 gelten. Falls Kosten und Gewinn weniger als 60 Franken ergeben, gehen sieohne Prüfung durch. Liegen die beiden Grössen über 60 Franken, gibt es ein differenziertes Vorgehen, bei dem die Kostennachgewiesen und der Gewinn gekürzt werden muss. Das Maximum liegt dann bei 100 Franken. Sie hat die neue Weisung am 7. Juni veröffentlicht.
Redakteur Michel Sutter, energate