Donnerstag, 30. Juni 2022

Innovationsforum Energie: schnellere Anpassung der Regulierungen gefordert

Zürich (energate) - Im Rahmen des Innovationsforums Energie ist Kritik an der jetzigen Regulierung im Strommarktbereich laut geworden. Die Regulierung von heute sei immer noch dieselbe wie vor Mai 2017, als die Energiestrategie von der Stimmbevölkerung angenommen worden sei, monierte etwa David Thiel, CEO von Aliunid.

"Es geht immer noch um eine zentrale Energieversorgung", so Thiel. Das Konzept der Energiestrategie basiere jedoch auf dezentralen Energien. Und diesen geistigen Schritt habe die Schweiz noch nicht vollzogen.











Matthias Galus, Head Digital Innovation Office beim Bundesamt für Energie (BFE), pflichtete Thiel bei, dass die Regulierung von heute ursprünglich auf ein anderes System ausgelegt worden sei. Sie sei ja schliesslich auch schon 2007 entstanden. "Aber damals hat noch niemand von Vehicle-to-Grid oder von Batterien im Haushalt gesprochen", so Galus. "Ich denke, wir haben die Regulierung weiterentwickeln können, aber es war auch immer der Plan, nach der Energiestrategie die Netzregulierung, vor allem das Stromversorgungsgesetz, nochmals wesentlich anzupassen."

Thiel spricht sich für späteren Smart-Meter-Rollout aus

Das Stromversorgungsgesetz (StromVG) diente Martin Föhse, Partner bei Kellerhals Carrard, als Steilpass. "Das StromVG basiert auf dem Elektrizitätsmarktgesetz, und da sind wir in der Welt vor 20 Jahren", so Föhse. Die Regulierung hinke der Entwicklung immer hinterher. Zudem denke man zu wenig gesamtstrategisch: "Der Bundesrat wird dauernd von Partikularinteressen überholt", monierte Föhse. "Das führt dazu, dass man kein kohärentes durchdachtes Gesamtsystem hat." Dieser Meinung war auch Thiel: "Es fehlt einfach das System, die Vision", so der CEO von Aliunid. "Wir werden dezentral produzieren." Deshalb brauche man Echtzeitdaten, denn ohne diese gebe es keine Steuerung. "Wir können ein Netz nicht über Werte von 15 Min. steuern", sagte Thiel. Er plädierte auch deshalb dafür, den Smart-Meter-Rollout um fünf Jahre zu verschieben: "Wir werden in den nächsten fünf Jahren eine grundlegend andere Welt haben, wie die Stromnetze funktionieren, wie eine Stromrechnung und die Versorgungssicherheit aussieht", argumentierte Thiel. "Wir bauen sicher das Falsche."

In diesem Punkt widersprach Galus. Bei den Smart-Metern gehe es um Personendaten. "Das heisst, bei dem, was man sich gerne wünschen würde, also komplette Transparenz, stossen wir irgendwann an Grenzen des Datenschutzes", so der BFE-Mann. "Die sogenannten alten Zähler, die jetzt verbaut werden, messen in Echtzeit. Die Daten wären grundsätzlich da." Eigentlich sei man schon in dieser von Thiel beschwörten Welt. "Wenn wir nochmals fünf Jahre zuwarten und dann erneut fünf Jahre, weil es wieder neue Innovationen gibt, dann sind wir im Jahr 2040, 2045. Das wollen wir nicht. Ich glaube, wir müssen irgendwann malanfangen mit einer relativ modernen Technologie."

Zum Abschluss der Diskussion wurde die Runde noch gefragt, wann denn die vollständige Strommarktöffnung eintrete. Während Föhse glaubt, dass diese bis 2030 nicht Realität sein wird, wollte sich Galus nicht auf einen konkreten Zeitrahmen festlegen. Aber: "Ich denke, sie ist tatsächlich unausweichlich." Thiel hingegen geht davon aus, dass der Markt nicht vollständig geöffnet werden wird.

Redakteur Michel Sutter, energate

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