Samstag, 25. September 2021

Experten: Wasserstoff im PKW-Bereich chancenlos

Trotz der Eröffnung weiterer Wasserstofftankstellen in der Schweiz wird der Elektroantrieb im Segment der Personenwagen das Mass aller Dinge bleiben. Diese Meinung vertraten Experten an einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Innovationsforums Mobility einhellig. 



«Wasserstofffahrzeuge haben im PKW-Bereich keine Chance», sagte etwa Marco Piffaretti. Für den Gründer und Präsidenten der Firma Sun2wheel sind selbst Plug-in-Hybride Auslaufmodelle: «Diese werden sehr bald im Museum in Luzern zu sehen sein.» Auch für Hannes Rupprecht, Head of Fleet Solutions bei Shell für Österreich und die Schweiz, hat sich der reine Elektroantrieb bereits durchgesetzt: «Ich glaube, wir sehen, wie gut die Stromautos bereits heute sind. «Er sehe die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger für den Transport oder als Zwischenspeicher viel greifbarer. Und selbst Christian Pho Duc, CTO und Managing Director bei H2 Projects, Smartenergy, sieht Wasserstoff im PKW-Bereich nur als Nischenprodukt. Batteriebetriebene Personenwagen seien sehr effizient und die Zukunft: «Das ist überhaupt keine Frage.»

 

Was die Eroberung der Elektroautos auf dem weltweiten Markt angeht, waren allerdings auch kritische Voten zu hören. Etwa von Marco Lessacher, CEO von Alphabet International. Lessacher berichtete, er sei jahrelang in Osteuropa unterwegs gewesen, und dort sei die Elektromobilität «überhaupt kein Thema». Skeptisch sieht er die Entwicklung der Elektromobilität auch in anderen Kontinenten. Ähnlich äusserte sich Rupprecht. CO2 sei ein globales Problem, sagte er: «Es ist ja schön, wenn w
ir hier alle mit Elektroantrieb fahren, aber wenn es der Rest der Welt nicht macht…»

 

Burkhard: E-Mobilität hat nur geringen Einfluss auf Strombedarf

 

Ein weiterer Kritikpunkt war der Ausbau der Infrastruktur. Diese ist aus Sicht Lessachers noch nicht an dem Punkt, wo sie sein sollte. Rupprecht pflichtete ihm bei, gab jedoch zu bedenken, dass die Infrastruktur bezüglich Wasserstoff noch schwächer sei. René Burkhard, Leiter Markt Schweiz bei Repower, hielt derweil fest, die Schweiz habe ein «wunderbares» Stromnetz, von dem sie jetzt profitiere. «Wir haben aktuell vielleicht 60 Mrd. kWh Endverbrauch», so Burkhard. «Dieser könnte sich mit der Elektromobilität noch erhöhen, aber nicht signifikant.» Man müsse einzig darauf achten, dass nicht alle Autos gleichzeitig geladen würden.

 

Damit nahm Burkhard im Prinzip die Antwort auf eine spätere Frage hinweg, nämlich ob die Dekarbonisierung der Mobilität und die Energiewende gleichzeitig möglich seien. «Das ist ein paralleler Prozess», so Burkhard. «Ich bin in Bezug auf die Stromversorgung zuversichtlich, dass wir das schaffen und genügend Strom im Winter vorhanden sein wird.» Das sei schliesslich alternativlos. «Wir haben gar keine andere Wahl», sagte auch Rupprecht. Die Frage sei eher, ob man diesen Wandel in der nötigen Geschwindigkeit hinkriege. «Je mehr wir darüber reden, desto weniger machen wir es.» Und Pho Duc merkte an, dass man das Ziel, die Temperaturerwärmung im globalen Schnitt auf 1,5 Grad zu beschränken, mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr erreichen könne. «Wir bemühen uns gerade, das 2-Grad-Ziel zu erreichen», so Pho Duc. «Das heisst, wir haben hier ein echtes Problem, wo die ganze Klimageschichte hingeht, obwohl wir eine Vorreiterrolle einnehmen.»


Redakteur Michel Sutter, energate

Donnerstag, 2. September 2021

Subventionen für Wasserstoff bei Podiumsdiskussion umstritten

Die Diskussionsrunde zum Thema Wasserstoff am Innovationsforum Energie war sich einig, dass der Energieträger grosses Potenzial hat.

Es gebe in der Schweiz noch kein Fördersystem für Wasserstoff, weil man dazu erst verschiedene Fragen beantworten müsse. Das sagte Markus Bareit, Fachspezialist Energieversorgung und Monitoring beim Bundesamt für Energie (BFE), an einer Diskussionsrunde beim Innovationsforum Energie. "Wir müssen aus Gesamtenergiesicht zuerst sehen: Wo macht Wasserstoff in der Schweiz überhaupt Sinn?", so Bareit. "Wo sind die Anwendungsbereiche? Wie viel Wasserstoff wird es sein?" Erst wenn diese Fragen beantwortet seien, habe man ein komplettes Bild, welche Rolle Wasserstoff in der Schweizer Energiepolitik spielen könnte. Im gleichen Votum sprach sich Bareit für Subventionen aus, um Wasserstoff zu fördern: "Für einen wirklichen Marktvorlauf machen Subventionen wahrscheinlich Sinn. Deshalb finde ich die Strategie von Deutschland nicht schlecht." Bareit betonte, dass seine Aussagen seine persönliche ökonomische Sicht widerspiegelten und nicht die Haltung des BFE. 

Subventionen waren in der Diskussion zuvor auch schon gefordert worden, etwa mittels einer Quote oder eines Einspeisetarifs, ähnlich wie in der Photovoltaik. Allerdings waren nicht alle damit einverstanden. So outete sich etwa Stefan Linder, Head of Technology and Innovation bei Alpiq, auf dem Podium als Subventionsgegner. "Sie bewirken Entwicklungen, die einfach nicht gesund sind", so Linder. Wenn man sich überlege, wie ein System in Zukunft ausschauen muss und welche Zielsetzungen man hat, sei es vielleicht sinnvoll, dass man an den richtigen Orten eine Förderung ansetze. "Aber ich glaube, zu jeder Förderung gehört eine Exitstrategie, sodass ganz klar ist, wann sie zu Ende ist", schränkte Linder ein.

Linder und Grolman warnen vor Alleingängen

Linder zeigte sich auch kritisch, was die momentane Euphorie rund um Wasserstoff anbelangt. Er warnte die EVU davor, den Energieträger selber herstellen zu wollen. "Es ist eine schwierige Technologie, die noch nicht voll industrialisiert ist", sagte Linder. "Das ist kein Plug and Play." Vor allem solle man es nicht alleine versuchen, wobei Linder auch mahnte, nicht irgendeinen Partner dafür zu suchen. Es gebe selbst in der Schweiz nicht sehr viele Unternehmen, die die Technologie richtig verstünden. "Suchen Sie sich dasjenige heraus, das nicht nur sagt, dass es Wasserstoff kann, sondern es auch bewiesen hat", empfahl Linder.

Auch Felix Grolman, Head of Energy und Verwaltungsrat bei Energie 360 Grad, war der Ansicht, ein EVU solle keine Alleingänge wagen. Und auch keine Schnellschüsse. "Wir werden in der Schweiz nicht in grossem Stil Wasserstoff produzieren; da gibt es bessere Standorte", so Grolman. Als Schweizer Unternehmen könne man nicht das Ziel herausgeben, Weltmarktführer zu werden.

Das Potenzial von Wasserstoff war in der Runde jedoch unbestritten. Für Michael Ritzau, Verwaltungsrat von BET Suisse, ist der Energieträger systemisch notwendig. "Die Energiestrategie sagt, dass wir mehr grosse Wasserspeicher brauchen, aber die muss man erst mal bauen", begründete Ritzau seine Aussage. "Da sehe ich die Vorteile von Wasserstoff." Und Christian Pho Duc, CTO und Managing Director H2 Projects bei Smartenergy, ergänzte: "Es gibt Bereiche, die bezüglich Effizienz am besten und einfachsten mit Wasserstoff zu lösen sind." /ms 

Redakteur Michel Sutter, energate