Zürich (energate) - Am Verteilnetzforum vom 15. Juni stand das Thema Netzausbaukosten und wie diese möglichst tief gehalten werden könnten ganz oben auf der Agenda. Rege diskutiert wurde dabei das Potenzial der Flexibilitäten und die zielführendste Form der Netztarifierung. Bezüglich Netztarifierung attestierte Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze beim Bundesamt für Energie (BFE), vor allem dynamischen Tarifen (sowohl leistungs- auch als energieseitig) ein grosses Potenzial, um die Netzauslastung besser zu steuern. Benahmed bezog sich dabei auf eine vom BFE in Auftrag gegebene Studie zum Thema Netztarife. Diese befindet sich demnach im Stakeholderprozess und soll demnächst publiziert werden. Katja Keller, Leiterin Netzwirtschaft bei der BKW, sah dynamische Netztarife - insbesondere wenn diese auch die Energie (Arbeit) umfassen - hingegen eher kritisch. Ihr falle es schwer, sich das vorzustellen, sagte sie. «Wenn ich zum Beispiel sage, mittags um 12 ist die Energie besonders günstig, also grün, aber das Netz sehr belastet, also rot, dann bin ich wieder bei gelb», so Keller. «Wie passt das zusammen? Was kommt beim Kunden an? Was versteht er dann noch?» Keller argumentierte weiter, dass die Kosten im Verteilnetz im Wesentlichen von der bereitgestellten Gesamtleistung abhängen würden. Ihr zufolge sind Leistungsvorhaltung und somit Kosten unabhängig von der effektiven zeitlichen Beanspruchung, weshalb sie im Sinne der Verursachergerechtigkeit für eine konsequente Netztarifierung basierend auf der Anschlusskapazität plädierte.
Obwohl dynamische Tarife in der Netztarif-Studie anscheinend gut abschneiden, wird das Thema im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» noch nicht explizit aufgegriffen. Das deutete Benahmed an der Veranstaltung an. Gleiches gilt für lokale Tarife - also Netztarife, welche die Nähe von Produktion und Erzeugung in irgendwelcher Form abbilden bzw. belohnen. Die Studie komme zu keinem positiven Schluss in puncto lokale Tarife und Verursacherprinzip, so Benahmed. Er sagte weiter, dass das BFE erwartet, dass das Thema bei der Behandlung der Gesetzesvorlage im Rat wieder aufkommen werde. In diesem Sinn wird die Netztarif-Studie wohl allerspätestens dann als Grundlage für die Debatte publiziert sein.
Flexibilitäten kein Allheilmittel gegen Netzausbaubedarf
In der Folge wurde auch das Potenzial der Flexibilitätsnutzung zur Reduktion des Netzausbaubedarfs diskutiert. Keller verwies dabei darauf, dass der Netzausbau sehr langfristig orientiert sei, die Flexibilitätsnutzung dagegen kurzfristig. Den Einbezug der Flexibilität in die Netzplanung bezeichnete Keller daher als sehr schwierig und die BKW-Netzleiterin äusserte entsprechend ihre Zweifel, dass die Flexibilitätsnutzung wirklich den Netzausbaubedarf reduzieren könne. Wirksam hierfür sieht sie eher die Abriegelung bzw. das Peak-Shaving von Produktionsanlagen. «Für mich hat das netzdienlicheren Charakter als dieses abstrakte Heilmittel Flexibilitäten», so Keller. In der Diskussion räumte dann auch Benahmed ein, dass sich der Netzausbaubedarf durch Flexibilitätsnutzung langfristig nicht wirklich verhindern lasse. «Wir können es aber verzögern»
, so der BFE-Mann.
Wie hoch der Effekt der Flexibilität auf die künftigen Verteilnetzkosten genau sein könnte, das will das BFE in einer Netzkostenstudie übrigens genauer untersuchen lassen, wie Benahmed weiter berichtete. In der Studie sollen demnach die Effekte einer starken Elektrifizierung und eines starken Ausbaus der erneuerbaren Energien auf die Verteilnetzkosten basiert auf den neuesten Energieperspektiven untersucht werden. Sensitivitäten sind dabei neben dem Effekt der Flexibilität beispielsweise die Laufzeit der Kernkraftwerke oder der Konzentrationsgrad der Erneuerbaren. Benahmed stellte die Publikation der Studie für Herbst in Aussicht. /mg
Redaktor Mario Graf, energate
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