Freitag, 6. September 2019

Die Hoffnung auf die Strommarktliberalisierung ist klein


















An der diesjährigen Vertriebsleitertagung Energie vom 3. und 4. September war auch die Strommarktöffnung ein Thema. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion zeigten sich jedoch skeptisch, dass der Schweizer Strommarkt schon bald liberalisiert wird.

"Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagte Hans-Jörg Aebli, Leiter Produkte und Dienstleistungen bei EKZ, in seinem Anfangsvotum und lächelte. Die Hoffnung ist zwar auch bei Jan Flückiger, Leiter Public Affairs und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Swisspower AG, noch da, aber in gedämpfter Form. "Wir brauchen eine Vorlaufzeit für die Marktöffnung", sagte er. "Aber da wäre ja auch noch die Frage des Strommarktdesigns." Diese sei noch nicht geklärt. Unklar sei auch, wie man es schaffe, Investoren für die Erneuerbaren zu finden.

Bernhard Signer, Leiter Vertrieb bei der Repower AG, bemängelte, dass die Liberalisierung immer wieder hinausgezögert worden sei. "Man sagt, die Marktöffnung komme jetzt plus in drei Jahren", sagte er. "Aber diese Formel gilt seit 2004." Auf die Frage, ob der Föderalismus möglicherweise zur Verzögerung beigetragen habe, antworte Signer mit einem klaren Ja.  Das sieht auch Flückiger so. "Es gibt Hunderte Verteilnetzbetreiber in der Schweiz, und alle haben einen gewissen Einfluss", sagte er. "Wenn der Lokalfürst sagt, Liberalisierung sei schlecht, hören viele auf ihn." Flückiger stellte auch eine gewisse Müdigkeit in der Branche fest: "Viele sind des Themas überdrüssig geworden."
 
Versorgungssicherheit versus Liberalisierung

Dass es nicht vorwärts geht, hat für die Podiumsgäste aber auch noch andere Gründe. Die Marktöffnung bringe bedeutende Herausforderungen bezüglich des Netzes mit sich, sagte Aebli. Da wäre einerseits der Mangel an Fachleuten wie Elektrotechnikern, andererseits aber auch die Frage nach der Versorgungssicherheit. "Wir machen uns wegen der Marktöffnung Sorgen, weil da viele Fallstricke drin sind, die auf den Ruf der Werke Einfluss haben könnten", so Aebli. Die Politik befinde sich in einer Zwickmühle: Versorgungssicherheit versus Liberalisierung. Auch Flückiger sieht einen Zielkonflikt zwischen der Versorgungssicherheit, den energiepolitischen und den wirtschaftlichen Zielen.

"Es ist für die Politik schwierig, mit der Erwartungshaltung der Menschen umzugehen", sagte er. Erschwerend komme hinzu, dass die nationale Politik Ziele gesetzt habe, diese aber von den Kantonen und den Städten umgesetzt würden. Und Signer stellte fest, dass beim Thema Liberalisierung eine gewisse Zurückhaltung zu spüren sei. Signer fragte zudem, warum man eigentlich nicht die Bevölkerung über eine Liberalisierung abstimmen liess. Flückiger stellte dieselbe Frage und mutmasste, der Bundesrat habe Angst vor einer solchen Abstimmung.


Zum Schluss wurden die Diskussionsteilnehmer noch gefragt, was denn zuerst umgesetzt würde: die Marktöffnung für Strom oder von Gas? Und da gingen die Meinungen deutlich auseinander. "Keines von beiden", sagte Aebli. Flückiger glaubt wiederum, die Teilmarktöffnung beim Gas komme zuerst. Und Signer erwiderte: "Ich glaube, beides zusammen."


(Michel Sutter, Redakteur, energate)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen