Kreuzlingen, Schweiz, 07. Dezember 2017 - Im historischen Schloss Hünigen in Konolfingen wurde
bei der ersten Ausgabe des Verteilnetzforums mit rund 40 Teilnehmern intensiv
über die aktuellen und künftigen Herausforderungen für Schweizer
Verteilnetzbetreiber, insbesondere im Kontext der am 1. Januar 2018 in Kraft
tretenden revidierten Energie- und Stromversorgungs-gesetzgebung, diskutiert.
Dr. Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze vom BFE hat zu Beginn der Tagung die Position des BFE in Bezug auf das neue
Marktdesign bzw. die Versorgungssicherheit bekräftigt. Dabei hat er unter
anderem auf die Importabhängigkeit der Schweiz und damit auf die zentrale Rolle
der Übertragungs- und Verteilnetze hingewiesen. Alle im Rahmen der sog. „System
Adequacy-Studie“ geprüften Szenarien gehen vom geplanten Netzausbau,
insbesondere auf Stufe des Übertagungsnetzes aus. Dabei wurde auch der
notwendige Netzausbau im benachbarten Ausland berücksichtig. Damit ist auch der
Netzausbau für die Versorgungssicherheit entscheidend. Umso wichtiger ist es,
dass die im Parlament hängige „Strategie Stromnetze“ nun im Rahmen der
Einigungskonferenz in der Wintersession verabschiedet und nicht aufgrund artfremder
Themen (Durchschnittspreismethode, Messwesen und Regel- und Steuersysteme)
gefährdet wird.
Aeneas Wanner, Geschäftsleiter von Energie Zukunft Schweiz, ging in seinem Referat auf die Chancen der neuen Energiegesetzgebung
ein. Aus seiner Sicht gewinnt die gesamte Energiegesetzgebung mit dieser
Revision weiter an Konsistenz. Ebenfalls ist klar, dass mit der „Cost+-Regulierung“
die Margen der Netzbetreiber zwar noch gesichert sind, das Monopol aber mit
Themen wie z.B. Eigenverbrauch sowie möglicher zukünftiger
Liberalisierungsschritte im Messwesen zunehmend unter Druck gerät. Hinsichtlich
der neuen Gesetzgebung ging Wanner dabei primär auf die Neuregelung der
Flexibilität ein, welche nach neuem Recht dem Kunden gehört und bei Nutzung
durch den Netzbetreiber von diesem auch über attraktivere Zusatzprodukte
vergütet werden muss. Die ebenfalls angepasste Neuregelung der Bemessung der
Rückliefervergütung für dezentral erzeugte und eingespeiste Energie dürfte laut
Wanner noch ein grosser Diskussionspunkt darstellen, da der Einbezug der Gestehungskosten
der eigenen Kraftwerke von einzelnen betroffenen EVU kaum einfach so akzeptiert
werden dürfte.
Dr. Katja Keller, Leiterin Netzwirtschaft der BKW Energie AG, hielt fest, dass die Eigenverbrauchsthematik, auch die
Eigenverbrauchsgemeinschaft (EVG), nicht eigentlich neu sei. Neu ab 2018 ist
die Möglichkeit zum Zusammenschluss von mehreren Grundeigentümern und die damit
verbundene Rechtsstellung der EVG als ein Endverbraucher. Die neue Regelung
vereinfacht die Bildung von EVG und soll durch die Einsparung von Grundgebühren
und Zählermieten sowie durch die Erlaubnis zur Bündelung beim Netzzugang die
Attraktivität des Eigenverbrauchs erhöhen. Aufgrund der Kostentragungspflicht
von Anschlussänderungen und der Komplexität im Handling von EVG (v.a. im Fall
von Mietern) besteht insbesondere im Fall von Bestandesbauten die Gefahr eines
„Papiertigers“ bzw. wird das Risiko der Entsolidarisierung als limitiert
beurteilt. Im Fall von Neubauten ist das Potential für entsprechende
EVG-Lösungen indes deutlich höher. Bei BKW wurden entsprechende Produkte
bereits eingeführt und die Lösung ab 2018 etwas vorweggenommen.
Sven Schlittler, leitender Berater bei EVU Partners AG, analysierte in seinem Referat die heutige Tarifierungspraxis bei
Verteilnetzbetreibern in Bezug auf die Netznutzungstarife. Vielfach sind diese
Praxen historisch gewachsen. Entsprechend ist die Verursachergerechtigkeit
solcher gewachsenen Tarifstrukturen eingeschränkt. Oft sind auch Fehlanreize
oder unerwünschte Nebeneffekte wie Tarifsprünge zu beobachten. Die neue
Regulierung der Netznutzungstarife im Rahmen der Revision der StromVV schränkt
bestehende Freiheitsgrade der Netzbetreiber bei der Tarifierung ab 2019 im Bereich
der kleineren Endkunden erheblich ein. Bis 30 kVA Anschlussleistung muss neu
ein einheitliches „Basisprodukt“ angeboten werden. Wahlprodukte sind nur noch
in Kombination mit Leistungspreisen vorgesehen. Zudem wird die Vorgabe eines
70%tigen Arbeitspreisanteils auf alle Endkunden bis 50 MWh ausgeweitet. Es
bleibt zu hoffen, dass der Verursachergerechtigkeit dann ab 2022 mit dem revidierten
StromVG wieder mehr Gewicht beigemessen werden wird.
Ulrich Rosen, Partner bei B E T Aachen, thematisierte in seinem
Beitrag die Erfolgsfaktoren beim anstehenden Smart Meter Rollout. Aufgrund der
damit verbundenen, steigenden Messkosten ist die Kostentransparenz ein
wichtiger Faktor. Heute fehlt diese Kostentransparenz vielfach da die Relevanz
der Messkosten als Teil der Netznutzungstarife bis anhin tief war. Der Rollout
der Smart Meters selber ist ein operationelles Vorhaben, welches vor allem gute
Datenqualität und ein effektives Projektmanagement voraussetzt. Die zentral
damit verbundene, strategische Frage ist jedoch diejenige nach dem Nutzen des
Smart Meter. Erst mit entsprechenden „smarten“ Produkten oder Dienstleistungen
entsteht mit dem Smart Meter Rollout ein Kundennutzen. In diesem Kontext
stellen sich weitere strategische Fragen nach der Eigenleistungstiefe (make or
buy) und der Bedeutung des Messwesens als eigenes, konkurrenzfähiges
Geschäftsfeld in einem zumindest teilliberalisierten oder strenger regulierten
Markt.
Gerhard Bräuer, Leiter Netzwirtschaft der Repower AG, präsentierte das neue Asset Management (AM) Tool „EASYASSET“ von
Repower. Mit dem neuen Tool will Repower ihr eigenes Asset Management
unterstützen, in dem die dafür notwendigen Anlagedaten einfach und klar sowie
für alle Involvierten zugänglich bereitgestellt werden. Das neue Tool verkauft
Repower auch anderen Netzbetreibern als Produkt. Bräuer ist überzeugt, dass das
Preis-Leistungsverhältnis im Vergleich zu anderen AM-Produkten sehr attraktiv
ist und das Tool gerade auch für kleinere und mittlere Netzbetreiber interessant
ist. Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung und damit für ein aktives
Asset Management ist und bleibt aber letztlich eine hohe Datenqualität und eine
klare, interne Organisation bzw. Rollendefinition des Asset Management als
interner Auftraggeber.
Dr. Christina Würthner, Geschäftsführerin der enersis suisse AG, stellte anlässlich des ersten Schweizer Digitaltages dar, welchen
Einfluss die Digitalisierung auf die traditionelle Wertschöpfung von
Energieversorgungsunternehmen im Allgemeinen und von Netzbetreibern im
Speziellen haben kann. Der Einfluss wird dabei insbesondere in den Bereichen
Handel, Verteilnetz und Vertrieb gross eingeschätzt. Das regulatorisch
vorgegebene Unbundling stellt dabei aufgrund der Datentrennung bzw. der Limitierung
der Datennutzung aktuell eher ein Hindernis für neue Geschäftsmodelle dar.
Anhand konkreter Use Cases (z.B. Optimierung des Smart Meter Rollouts) auf
ihrer Plattform namens GRIDS zeigte Würthner auf, was mit der Verknüpfung
verfügbarer Daten und mit deren Visualisierung heute bereits möglich ist und
was, insbesondere auch aufgrund der zunehmenden Datenverfügbarkeit und -qualität,
in Zukunft möglich sein wird. Ziel von Data Analytics ist letztlich aufgrund
von grossen Datenmassen konkrete Fragen zu beantworten und damit
Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.
In der abschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Aeneas Wasser, Ulrich Rosen und Dr. Andreas
Beer (Leiter Netze von Repower AG) über die künftige Rolle der
Verteilnetzbetreiber, insbesondere über die Auswirkungen der Energiestrategie
2050 und die damit verbundene Regulierungstiefe. Im Fokus der Diskussion
standen dabei die Auswirkungen des Eigenverbrauchs und die Kostenfolgen des
Smart Meterings insbesondere im Kontext einer möglichen Teilmarkt-Liberalisierung
des Messwesens sowie die notwendigen tariflichen Handlungsoptionen. Auf die
Frage zur langfristigen Entwicklung waren sich die Podiumsteilnehmer einig,
dass es auch 2050 noch Verteilnetze und damit Verteilnetzbetreiber für Strom geben
wird. Eine Substitution der Stromverteilung ist mittel- und längerfristig noch
nicht absehbar. Eine Reduktion des Monopols und dabei der „Cost+-Sicherheit“
jedoch sehr wohl.
Dieser Rückblick wurde vom Tagungsmoderator Dr. Markus Flatt, Partner bei EVU Partners
AG verfasst. Markus Flatt hat den hochkarätigen Beiträgen und
Diskussionsrunden einen optimalen Rahmen gegeben. Nicht zuletzt die produktiven
Diskussionen und das ausgezeichnete Networking sowie die sehr gute Stimmung
aller Teilnehmenden und Referenten rundeten den Erfolg der Tagung ab.
Das nächste Verteilnetzforum findet am 13. November
2018 in Luzern statt. Informationen zu Agenda, Referenten und Anmeldung finden
Sie unter www.verteilnetzforum.ch.
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Vereon AG | Pressestelle | Hauptstrasse 54 | CH-8280 Kreuzlingen
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Die Vereon AG veranstaltet hochkarätige Tagungen, Konferenzen und Workshops zu aktuellen Themen aus Wirtschaft und Wissenschaft. Ausgewiesene Experten aus Forschung, Wissenschaft, Praxis und Politik präsentieren regelmässig pragmatische Lösungsansätze und wegweisende Trends. Führungs- und Fachkräfte aller Branchen schätzen diese Informationsplattformen zum Wissensausbau, Erfahrungsaustausch und zur Gewinnung wertvoller neuer Kontakte.
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